Als Gott die Frau am sechsten Tage schuf, musste er Überstunden machen. Ein Engel kam vorbeigeflogen und fragte Gott:
"Herr, wieso verwendest du auf dieses Werk so viel Zeit?"
Gott antwortete:
"Dies soll mein Meisterstück werden. Ich habe mir viel vorgenommen. Das Wesen muss abwaschbar sein, aber eine natürliche Haut haben. Sie hat über 200 bewegliche Teile, und sie soll herrliches Essen zubereiten können.
Ihr Rücken soll stark genug sein, um die Sorgen dieser Welt tragen zu können. Und doch soll sie sanft und flexibel geformt werden, um mehrere Kinder gleichzeitig umarmen zu können, um ihnen Trost zu spenden.
Sie muss ausreichend Kraft haben, mehrere Nachkommen in sich heranwachsen zu lassen, die schweren Geburten zu ertragen und dann noch reichen, die kleinen Menschen groß zu ziehen, bis sie sich um sich selbst kümmern können. Ihre Lebenskraft ist von der Art, dass sie weitermachen kann, wenn alle anderen schon resignieren. Dafür müssen ihr zwei Hände und ein kluger Verstand genügen."
Der Engel war sichtlich beeindruckt. "Mit nur zwei Händen ... Aber nun macht eine Pause, Herr, und arbeitet morgen weiter."
"Nein, nein, dieses Werk ist mir ans Herz gewachsen. Ich werde es heute noch vollenden. Schließlich soll auch die Frau später einmal 18 Stunden am Tag arbeiten können. Wenn ich jetzt durchhalte, wird auch sie künftig in Zeiten der Not standhalten, ohne sich zu beklagen."
Der Engel trat näher und stupste die Frau an. "Du hast sie aber ganz weich gemacht, Gott."
"Aus gutem Grund. Doch innerlich ist sie auch hart. Sie muss viel erdulden auf Erden. Du glaubst gar nicht, was sie alles aushalten und verkraften kann."
"Kann Sie denn richtig denken, Herr?"
"Aber natürlich. Sogar auf ganz besondere Weise. Sie kann verhandeln, erklären, überzeugen, Kompromisse entwickeln und tröstende Worte finden."
Der Engel schaute sich das Gesicht der Frau näher an. "Herr, hier ist noch eine undichte Stelle."
"Dummerchen, das ist eine Träne."
"Wozu soll die gut sein?"
"Mit den Tränen kann eine Frau ihren Kummer, ihren Schmerz, Zweifel und Sorgen ausdrücken. Aber auch ihre Liebe und ihren Stolz. Sie wird die Träne auch in Zeiten der Einsamkeit brauchen."
"Herr, Ihr seid ein Genie! Das wird ein ganz wundervolles Wesen!"
Gott nickte mit einem Lächeln auf den Lippen.